Vom Quittentee ohne Quitte
Kürzlich habe ich als leidenschaftliche Tee-Trinkerin einen Tee namens“Quitten-Liesel“ geschenkt bekommen. Mit Quitten nimmt man an. Die „Quitten Liesel“ schmeckt lecker und fruchtig. Ich genieße den Tee gerne auch an heissen Tagen als Eistee. Doch bei genauerem Lesen des Etiketts musste ich feststellen, dass in diesem Quittentee keine Quitten enthalten sind. Stattdessen Apfelstücke, Lemongras, Himbeerblätter noch weitere Zutaten UND Aroma. Wahrscheinlich, äh hoffentlich Quitten-Aroma. Schon ein wenig dubios, was da so alles möglich ist, bei der Lebensmittelherstellung.
Schönfärberei auf den Etiketten – Das Vertrauen ist gering
Genau zu diesem Thema wurde Anfang Juli eine Studie veröffentlicht. Die meisten Verbraucher fühlen sich durch Werbeaussagen auf Lebensmittelverpackungen getäuscht. Das Vertrauen in die Branche ist gering: 44 % vertrauen den Herstellern von Lebensmitteln nicht, ähnlich viele nur teilweise. Zu diesem Schluss kommt die Studie der Georg-August-Universität im Auftrag der Verbraucherzentralen (VZBV).
Ob Quittentee ohne Quitte, deutscher Käse in griechischer Aufmachung, Formfleisch statt abgebildeter Hähnchenbrust oder „Acerolasaft“ mit der Hauptzutat Apfelsaft – die Aufmachung und Kennzeichnung von Lebensmitteln führt bei vielen Verbrauchern zu Missverständnissen und weckt falsche Erwartungen. So lautet das Ergebnis der Studie mit 750 Teilnehmern zum Lebensmittelmarkt.
Die Ergebnisse auf einem Blick
- Die Verbraucher haben bei Lebensmitteln insgesamt ein hohes Informationsinteresse in vielen unterschiedlichen Bereichen. Aussagekräftige Informationen zur Produktherkunft und den verwendeten Zutaten sind den Befragten besonders wichtig.
- Die Lebensmittelkennzeichnung ist jedoch für über drei Viertel der Befragten (78 %) eher unverständlich.
- Die meisten Verbraucher (77 %) gehen davon aus, dass Lebensmittel auf der Verpackung positiver dargestellt werden als sie tatsächlich sind.
- Werbung wird vielfach mit Skepsis begegnet, wird aber genutzt, um sich über Produktneuheiten auf dem Laufenden zu halten
Das Vertrauen in die Marken schrumpft
Bei den untersuchten 15 Beispielen geht es um Verpackungsaufschriften zu Regionalität, Zutaten und Herstellungstechniken, die aus Sicht vieler Verbraucher mehr versprechen als sie halten. So wird zum Beispiel deutscher Käse mit griechisch anmutendem Produktnamen und landestypischen Motiven vermarktet. Hier fühlen sich 72 Prozent der Verbraucher getäuscht. Eine Instantsuppe mit der Werbeaufschrift „ohne Geschmacksverstärker“ enthält anstelle von Glutamat Hefeextrakt. Dieser wirkt zwar ähnlich, gilt lebensmittelrechtlich aber nicht als geschmacksverstärkender Zusatzstoff. Über solche Kennzeichnungsmethoden ärgern sich 64 Prozent der Verbraucher. Die Zahlen sind enorm und sollten die Hersteller und Marketer aufschrecken lassen.
Wenn der Qualitätswettbewerb versagt, zählt nur der Preis als Kaufkriterium
„Der Qualitätswettbewerb im Lebensmittelmarkt kann aber nur funktionieren, wenn die Verbraucher den Kommunikationsaussagen der Anbieter vertrauen können“. Das wird heute immer wichtiger, weil Vertrauenseigenschaften wie Regionalität, Tier- oder Umweltschutz vom Verbraucher nicht selbst nachgeprüft werden können. „Es liegt im Eigeninteresse der Lebensmittelwirtschaft, das Verbrauchervertrauen in Qualitätsaussagen der Hersteller zu stärken – sonst geht es nur noch um den Preis“, so Prof. Spiller.
Ehrlich währt am längsten – Nur vermarkten was drin ist
Das Vertrauen enttäuschter Kunden wieder zu gewinnen ist ein großer Kraftakt der viel Zeit und Marketingbugdet kostet. Wäre es nicht leichter, saubere und ehrliche Produkte herzustellen? Glaubwürdigkeit und Transparenz werden die Marketingwährung der Zukunft sein. Bekanntheit und Marke genügt nicht mehr. Ich kann Unternehmen nur raten, bereits heute auf Wahrheit und Vertrauen zu setzen.
Wenn in der „Quitten Liesel“ der Hauptbestandteil Apfelstücke sind, hätte man den Tee auch einfach „Apfel Liesel“ nennen können, oder? Die Verbraucher werden sich rächen und solche Produkte über kurz oder lang boykottieren. Denn es gibt andere Studien die beweisen, dass immer mehr Kunden das Kleingedruckte lesen und bereit sind, für Qualität auch ein paar Euros mehr auszugeben. Oder warum spriessen die Biomärkte wie die Pilze aus dem Boden?